Modellfliegen

By (author): "Marcel Möring"
Publish Date: 2000
Modellfliegen
ISBN3442729173
ISBN139783442729173
AsinModellfliegen
Original titleModelvliegen
Holländisches Wohnküchenidyll, lichte Farben. Eine Familie sitzt einträchtig über ihrer Heimarbeit, dem Zusammenfügen und Bemalen von Modellflugzeugen aus dem Laden des kauzigen Puppendoktors. Der Vater, ein ehemaliger Pilot und seine schöne resolute Frau, beide seit kurzem arbeitslos, sind stolz über den Einfall ihres zwölfjährigen Sohnes David, der den Puppendoktor davon überzeugte, dass sich fertige Modelle besser verkaufen ließen als Bausätze. David in seinem kindlichen Versorgerglück ahnt nicht: gleich den Modellen, die dem Käufer eine größere, wirklichere Welt vorgaukeln, werkeln auch seine Eltern, in Wahrheit ein Elendsverband aus Gescheiterten, an ihrem fortwährenden Illusionsprogramm vom großen Überflug. Wie es so geht. Mitten in der Arbeit an seinem nächsten großen Romanprojekt, wehten Marcel Möring plötzlich diese fernen Erinnerungsfetzen aus seiner Kindheit an und unversehens stand ein Anfangssatz auf dem Papier. Möring lauschte nach innen -- legte sein Großprojekt auf Eis -- und wob seine Eingebungen zu dieser federleichten Kindheits-Novelle. Die trügerische Familienseligkeit bekommt sehr bald Risse. Loyalität und Solidarität, auch in Davids Familie nur Wortmünzen, die so lange Gültigkeit besitzen, bis Besseres in Aussicht steht. In diesem Falle ist dies der vor Leben strotzende Bonvivant Humbert Coe, ein Kriegskamerad des Vaters, der zu Besuch auftaucht. Sofort registriert der listige Coe den Zustand resignativer Gelähmtheit seiner Gastfamilie und beginnt sein Manipulationswerk, eine für Davids Vater demütigende Erfahrung. Durch Coe lernt der kleine David, die Stützräder abzulegen und seine Träume zu leben. Die Kehrseite solch hemmungsloser Traumverwirklichung jedoch äußert sich in dem vor nichts haltmachenden Schrecken, als David Zeuge wird, wie Coe mit seiner Mutter seinen ganz persönlichen Traum lebt. Dieser bittere Erwerb der Flugtauglichkeit markiert das Ende einer unbeschwerten Kindheit. Eine wundervoll melancholische, leicht hingetuschte Fabel, an deren Ende ein erwachsener David steht, der seinen Kindern die Geschichte einer Familie weiterträgt, deren Träume nie abzuheben vermochten. --Ravi Unger